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„Ich möchte mich in der 2. Liga etablieren“

Geschrieben von admin am 10. Dez 2021

Leonie Hildebrandt zu erwischen, gestaltet sich schwerer, als man denkt. Drückt die 16-Jährige nicht die Schulbank, jagt sie kleinen weißen Plastikbällen hinterher. Oder fährt quer durch die Republik, um ihre Gegnerinnen an der grünen Platte zu demontieren. Seit dieser Saison spielt Sachsens beste Nachwuchstischtennisspielerin für die Leutzscher Füchse in der 2. Bundesliga, im Team will sie sich einen Stammplatz erkämpfen.

Den Schulrucksack in die Ecke geworfen, nutzt Hildebrandt den Nachmittag zur Vorbereitung auf ihr Abitur. Im kommenden Frühjahr steht ihr Abschluss an. Während einige ihrer Schulfreunde noch mit dem Zeugnis in der Hand nicht über den anstehenden Mallorca-Urlaub hinausdenken, weiß Hildebrandt schon jetzt, dass sie Medizin studieren will. „Dafür gab es kein Schlüsselerlebnis, schon mein ganzes Leben lang will ich Menschen helfen. Zudem war ich beim Jugendrotkreuz“, begründet die Zwölftklässlerin ihren Studienwunsch. Medizinstudium und Bundesliga-Tischtennis – Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, Hildebrandt zwischen Schulbank und Sporthalle zu erreichen. „Das hast du richtig beschrieben“, lacht sie am Telefon. „Klar ist das manchmal stressig, aber für mich ist das eher der passende Ausgleich. Wenn ich erledigt von der Schule komme, kriege ich meinen Kopf beim Training wieder frei.“ Im Anschluss hätte sie wieder Energie fürs Lernen.

Hildebrandt lebt im brandenburgischen Arnsdorf. Zum Training geht es ins benachbarte Hirschfeld, ins sächsische Radeburg und nach Dresden, zum Landesleistungsstützpunkt. Immer mit im Gepäck: Papa Ronny. Als leidenschaftlicher Tischtennisspieler ist er verantwortlich für die Passion seiner Tochter. Der Tischtennisschläger wurde Leonie mit in die Wiege gelegt. „Meine Eltern unterstützen mich enorm, fahren mich überall hin. Wenn sie mir nicht den Rücken freihalten würden, könnte ich dem Sport nicht in der Weise nachgehen.“ Mit acht Jahren nahm sie zum ersten Mal bei der Landesmeisterschaft in Brandenburg teil. Der Startschuss, um den Sport leistungsorientiert zu betreiben. „Das war schon früh mein eigener Anspruch. Aber zu Beginn lief das schleppend, erst als sich die ersten Erfolge einstellten, kam auch die nötige Motivation“, erzählt Hildebrandt. Symbolisch für diese Entwicklung stehen die Partien mit Dauerrivalin Emily Kaden. „Wir haben uns immer wieder duelliert, immer wieder habe ich verloren. Deshalb wollte ich mich unbedingt weiterentwickeln, bis ich sie schließlich das erste Mal geschlagen habe.“ Heute steht Kaden auf Platz fünf der Landesrangliste, hinter Hildebrandt.

Die spielte mit 14 Jahren zunächst in der Damen-Oberliga, wechselte dann ins Hirschfelder Männerteam – wo sie auf Nummer eins im oberen Paarkreuz gemeinsam mit ihrem Vater spielte – und 2020 den Aufstieg in die Verbandsliga Brandenburg schaffte. In diesem Sommer erzielte Hildebrandt ihren bisher größten Erfolg: Platz eins bei den Mitteldeutschen Meisterschaften, gestandene Regionalligaspielerinnen verwies sie dabei auf die Plätze. Jetzt konnte Kai Wienholz, Trainer des Zweitligateams der Leutzscher Füchse, nicht mehr warten. „Kai hatte mir gesagt, dass er für das Team noch eine Spielerin aus der Region sucht und gefragt, ob ich Interesse hätte“, erinnert sich Hildebrandt, die nicht lange überlegen musste. „Ich kannte meine neuen Teamkolleginnen schon von verschiedenen Turnieren. Es ist toll, wie wir jetzt zusammengekommen sind.“ In vier Bundesligapartien stand sie bisher auf dem Parkett, spätestens nach ihrem ersten Einzelerfolg fühlte sie sich angekommen: „Plötzlich wusste ich, dass ich in der der 2. Liga richtig bin und auch die großen ärgern kann.“

Beim Heimspiel gegen Schott Jena am morgigen Samstag wird Leonie Hildebrandt erneut für die Füchse an der Platte stehen. Gedanken, gegen wen sie dann antritt, macht sie sich nicht: „Ehrlich gesagt, kenne ich die Teams in der Liga ohnehin nicht. Deshalb lasse ich mich immer überraschen.“ Umso klarer hat sie ihre weiteren Ziele vor Augen. „Ich möchte mich in der 2. Liga etablieren und das im oberen Paarkreuz“, gibt sich Hildebrandt gewohnt ehrgeizig, um ebenso gewohnt reflektiert nachzuschieben: „Alles weitere wird sich dann in den nächsten Jahren ergeben.“